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Ludwig Renn - Nachkrieg (1930)
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Beim Gefangenenlager

Ich lag im Viehwagen auf dem Boden, wurde geschüttelt und fror in meiner rauen Wolldecke. Es war halbdunkel, weil wir die Schiebetüren zugemacht hatten. Jetzt war Anfang Dezember.
„Oooch!" gähnte einer. „Aber da hat einer 'n Leichenzug verschluckt! Und geschnarcht hast du!" Er packte mich am Bein. „Ach, verzeihen Sie, Herr Feldwebel! Ich dachte, es war der Paul!"
„Tut nichts!" sagte ich und konnte nicht lachen oder etwas sagen, was kameradschaftlich geklungen hätte. Wir fuhren ja nach Deutschland hinein. Und da war Revolution!
„Ich hab ganz gut geschlafen", sagte einer.
„Wenn mir die Eisenbahnverwaltung einen Salonwagen zur Verfügung gestellt hätte, wär mir's schon lieber gewesen!"
„Denkst du, dass der ausgerissene Kaiser in Holland auch so hart geschlafen hat wie wir?"
„Na, da frage nicht! Die hohen Herren haben überhaupt nie was von Kohldampf und Läusen erfahren!"
„Ich scheiß auf jeden Offizier. Absetzen sollten wir sie, wie anderswo."
„Aber wir brauchen sie", sagte Unteroffizier Mehling, der Soldatenrat meines Zuges.
„Wozu brauchen?"
„Nu, um in Ordnung in die Heimat zu kommen und entlassen zu werden."
„Du, das Kunststück kann ich auch! Und wir brauchen überhaupt keine Offiziere mehr im Sozialismus!"
Hatte ich das nur bisher nicht gemerkt? Oder hatte sich
die Stimmung in den zwei Tagen wirklich so verändert, seitdem wir in Deutschland waren? Nie hatte ich solche Reden gehört, als wir, die Franzosen dicht hinter uns, durch Belgien zurückmarschierten. Da waren alle gegen die Revolutionäre hinter der Front gewesen, weil wir kein Brot bekamen wegen der Unordnung. Woher kam auf einmal diese Stimmung? Hatten sie Zeitungen gelesen? Ich hatte nur immer wieder die langweilige „Kölnische" gesehen, aus der man ja nichts erfuhr. Ja, dieses verfluchte Verheimlichen! Damit machen sie einen nur noch misstrauischer!
Gegen Mittag hielten wir auf einem größeren Bahnhof. Das Wetter war trübe.
„Aussteigen zum Empfang kalter Verpflegung!"
Wir kletterten ungeschickt aus den Wagen. Die Knochen waren steif. Alles strömte die Treppe hinunter. Dort stand quer ein Tisch mit zwei Frauen dahinter. Sie hatten Kopftücher und gaben jedem Brot und etwas Eingepacktes, wahrscheinlich Kunsthonig. Ich sah von oben auf sie hinunter. Rechts, wo es in die Unterführung ging, war eine Aufregung.
„Das ist doch die Höhe! Maschinengewehre auf eigene Landsleute zu richten!"
Eine Frau drängte sich durch. Höhle - das war der Soldatenrat des ersten Zuges - fasste sie am Arm und fragte sie etwas.
„Ach!" Sie schüttelte den Kopf. „Der ganze Soldatenrat besteht aus nichts als Spitzbuben! Die haben sich die Herrschaft über die Stadt angemaßt!"
„Ist denn der Arbeiter- und Soldatenrat nicht von der Bevölkerung gewählt? Na, das scheinen ja hier Zustände zu sein!"
Langsam gelang es mir, mich bis unten durchzudrängen. Ich war erregt und hatte eine unbestimmte Empfindung von einer Gefahr.
Jetzt konnte ich nach rechts sehen. Am Ende der Unterführung standen zwei Maschinengewehre, auf uns gerichtet, auf einem Tisch. Zwei Matrosen standen lässig dahinter.
Unsere Offiziere drängten sich an uns vorbei und gingen in der Unterführung auf die Maschinengewehre los, nicht als Angreifer, sondern eher erstaunt. Ein dünner Leutnant wich sichtlich ängstlich nach rechts hinter die anderen. Sie gingen stumm an den Maschinengewehren vorbei und verschwanden rechts in einer Tür, unter dem Schild: Wartesaal 1. und 2. Klasse.
Zwei mit roten Binden kamen von drüben, der eine mit offenem Rock, der andere ohne Mütze, beide mit umgehängten Gewehren.
„Schnallt nur wenigstens ordentlich um, wenn ihr was hier zu suchen habt!" sagte Höhle aufreizend. Die beiden sahen ihn an, mit etwas Hohn, aber auch unsicher.
„Das beste wäre, die Zuchthäusler wieder festzusetzen!" sagte ein eleganter Herr im Vorüberhuschen und lief mit seiner Handtasche eilig die Treppe hinauf.
Ich sah ihm missgestimmt nach. Diese Sorte sollte sich nicht aufregen! Der sah nicht aus, als ob er im Felde gewesen wäre!
Unterdessen hatten die meisten ihre Verpflegung empfangen und gingen wieder nach oben. Die Aufregung hatte sich auch gelegt. Ich brachte mein Brot in unsern Viehwagen. Als ich wieder herauskam, gesellte sich ein Bahnbeamter mit roter Mütze zu mir. „Hier sind wirklich Zustände! Die Kerle sind so frech, dass es vorgestern zu einem Feuergefecht mit Fronttruppen gekommen ist."
„Herr Feldwebel!" schrie Mehling. „Unten sind sie sich in die Haare geraten! Höhle hat einem das Gewehr weggenommen!"
Ich rannte die Treppe hinunter. Die Kompanie drängte auf die Matrosen zu. Die vordersten bremsten, denn die Mündungen waren angehoben, und die Matrosen hatten die Hand am Abzug. Es waren dreißig Schritt Entfernung. Mir stockte das Herz. Nur diesen Kampf verhindern! Ich drängte mich vor. „Macht den Unsinn nicht! Was gehen uns die Verhältnisse hier im Ruhrgebiet an?"
„Es ist eine Beleidigung, Maschinengewehre auf uns zu richten! Die Waffen nehmen wir ihnen ab!"
Die Matrosen hatten die Maschinengewehre abgesetzt.
„Beleidigung oder nicht, ich mache nicht mit!" rief ich.
„Dann gehen wir allein!" Höhle drängte vor. Alles kam in Bewegung. Die Matrosen zielten wieder, und die Kompanie stoppte.
„Ihr Zuchthäusler! Wenn ihr ehrliche Soldaten wäret, würdet ihr keine Gewehre auf uns richten!"
Von links kam einer vor ein Maschinengewehr gesprungen. „Wir sind keine Zuchthäusler! Ihr habt euch nur durch die Reaktionäre verhetzen lassen!"
„Zurück!" schrie der Matrose und setzte ab. Die Kompanie rückte fünf Schritte vor.
„Wozu habt ihr Maschinengewehre?" rief Höhle. „Ihr gebraucht sie nur, um eure unrechtmäßige Macht zu behaupten!"
„Wir sind eingesetzt!" schrie der eine Matrose.
„Pass lieber auf!" fuhr ihn der andere an.
Die Kompanie war wieder ein Stück vorgekommen.
„Keinen Schritt weiter oder wir schießen!"
Da sprang von rechts der Leutnant Hanfstängel aus der Bahnhofswirtschaft und auf den nächsten Matrosen drauf. Der fiel gegen den andern und riss ihn um. Die Kompanie stürmte vor. Höhle packte den einen an der Bluse und schlug ihn mit der Faust auf den Arm. Ein anderer hieb ihn über den Kopf.
Links hinter der Sperre standen einige mit erhobenen Gewehren, unmittelbar neben uns. Ich griff nach einer Mündung. Er ließ gleich das Gewehr fallen und riss aus.
„Achtung links!" schrie ich und hob das Gewehr. Sie verzogen sich einer nach dem anderen. Die verprügelten Matrosen wurden mit Tritten hinausgestoßen. Einer stand noch jenseits der Sperre und schrie empört etwas, das niemand beachtete.
Jetzt aber fort!" rief der Major, der lachend daneben stand. „Sonst schicken sie uns noch was nach!"
Höhle und ein langer Gefreiter schleppten die eroberten Maschinengewehre zum Zug. Der fuhr langsam an, während noch einzelne aufsprangen.
Rrrr, machte ein Maschinengewehr. Einzelne Gewehrschüsse knackten in den Zug. Woher sie kamen, konnten wir nicht sehen. Links neben unserm hielt noch ein anderer Transportzug. Von dort riefen sie herüber: „Das habt ihr fein gemacht!"
Alle schwatzten durcheinander.
Wir hielten auf verschiedenen Stationen, dann auf freier Strecke.
„Zugführer und Vertrauensleute in den Führerwagen vor!" Ich stieg mit Mehling aus, und wir gingen auf dem Schotter neben dem Zug nach vorn. In allen Wagen waren gewissermaßen Zigeunerlager. Der Führerwagen hatte einen großen Raum mit Bänken an den Wänden.
„Ich habe Sie rufen lassen", sagte der Major, „weil mir gemeldet worden ist, dass im Bataillon Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind. Vizewachtmeister Hengeler, was haben Sie zu sagen?"
Hengeler stand stramm. Er war einer der Führer des Trosses. „Das Wegnehmen der Waffen auf dem Bahnhof war falsch! Vor ein paar Tagen hat ein anderes Bataillon dieselbe Kinderei gemacht und ist dann in Haltern entwaffnet worden. Dort steht eine rote Brigade. Ich bin der Meinung, dass wir uns entwaffnen lassen."
„Das ist erbärmlich!" schrie ihn Höhle an.
„Der Kampf war unnötig und falsch!" sagte der Soldatenrat Herrmann mürrisch. Er war Sozialdemokrat.
„Was hatten die Lumpen Maschinengewehre auf uns zu richten? Ohne das hätten wir sie nie angegriffen!"
„Wollen Sie sich wegen der Dummheit in Haltern zusammenschießen lassen?" fragte Hengeler scharf mit nach der Seite gewendetem Kopfe, während er noch immer vor dem Major strammstand.
„Wir wollen machen, was die Herren Offiziere sagen!" sagte Höhle.
„Es ist Revolution! Wir Soldatenräte haben jetzt die vollziehende Gewalt!" knurrte Herrmann.
„Da irren Sie sich", sagte der Major leichthin. „Wir haben die klare Anweisung von der Division, gegengezeichnet durch die Vertrauensleute - nicht Soldatenräte! -, dass die Offiziere nach wie vor die vollziehende Gewalt haben."
„Kann ich den Befehl sehen, Herr Major?"
Der winkte seinem Adjutanten. Und der nahm ein Schriftstück vom Tisch und hielt es Herrmann hin. „Ihr Misstrauen ist nicht gerade eine Schmeichelei! Dergleichen ist uns gegenüber nicht am Platze, vielleicht aber gegenüber den Führern einer gewissen Partei!"
„Unterlassen Sie politische Anzüglichkeiten!" sagte der Major.
Herrmann las das Schriftstück und sagte mürrisch: „Es stimmt."
Der Major begann wieder: „Dass wir uns in Haltern ohne weiteres entwaffnen lassen, davon kann keine Rede sein! Die Führer und Vertrauensleute verteilen sich jetzt wieder auf ihre Wagen!"
Wir stiegen aus. Auf dem Weg neben dem haltenden Zug redete Hengeler auf verschiedene ein und suchte Anhänger zu gewinnen, aber nur einer hörte ihn an.
Im Wagen hielt der Soldatenrat, Unteroffizier Mehling, lachend eine Rede: „Na, die sollen das nur versuchen!"
„Wir machen die Maschinengewehre bereit, zwei nach rechts und zwei nach links! Und Posten an die Türen!"
„Ich mache Posten hier!" rief einer, der in der Öffnung saß und mit den Beinen draußen baumelte.
Ich sagte nichts, sondern zog mich in eine Ecke zurück. Wenn wirklich in Haltern eine rote Brigade steht und wenn sie entschlossen ist - man sagt ja, sie haben neulich die Häuser zu beiden Seiten der Bahn besetzt -, dann sind wir natürlich einfach geliefert bei den dünnen Holzwänden! Jetzt war ich nun vier Jahre draußen, und wo Schluss ist, da muss man sich noch im eigenen Land herumschießen!
„Ein Ort kommt!" ruft es an der Tür. Wir drängen uns vor.
„Ach du, dir haben sie wohl das Gehirn ausgequetscht! Das Kuhdorf! Das ist doch kein großer Bahnhof!"
Unangenehme Gedanken kommen mir. Wie sich nur die Kerle alle so darauf freuen, entlassen zu werden, als ob die Arbeit nicht auch ein Kampf wäre mit allerhand Kleinkram und dem ganzen Druck, den man doch nie los wird!
Wir fuhren in einen größeren Ort ein. Sie sahen aufgeregt hinaus. „Das ist Haltern!"
„Aufpassen!" schrie Höhle. „Maschinengewehre bereit!" Der Zug hielt.
Ich ging auch zur Schiebetür. Aus allen Türen ragten Maschinengewehrmündungen. Vorn sprach ein Herr mit einer Roten-Kreuz-Binde zu dem Major hinauf, der sich aus dem Führerwagen beugte. Sie gaben sich die Hand, und der Herr ging fort. Einer von den Bataillonsläufern kam zu uns.
„Was gibt's?" schrieen sie ihn an.
„Es war einer da, der sagte, es täte ihnen sehr leid, sie könnten uns hier kein Mittagessen geben. Unser Transport wäre nicht angemeldet."
„Seht ihr! Die haben Schiss vor uns!" Der Zug fuhr weiter langsam durch die flache Gegend. Es wurde dunkel. Wir waren hungrig und müde. Spät in der Nacht - wir hielten schon seit einiger Zeit -rief es: „Aussteigen zum Essenempfang!" Alle stürmten hinaus. „Wo gibt's was?"
Vor einer Bretterbude quetschten sie sich in die enge Tür. „Aber so geht das doch nicht!" „Wir haben Kohldampf! Los!"
„Aber, Kameraden, ihr müsst schon antreten! So kann nicht ausgegeben werden!"
Die Offiziere versuchten Ordnung hineinzubringen. Aber da war gar nichts zu machen. Einen sah ich, der so mit der Brust gegen den Türrahmen gepresst wurde, dass er ächzte und sich entfärbte. Dem mussten doch die Rippen eingedrückt worden sein!
Als ich endlich nahe der Tür war, entstand eine neue Aufregung. Von innen drängten sie nach außen, die vollen Kochgeschirrdeckel über den Köpfen.
„Vorsicht! Die Suppe ist lausig heiß!"
Drin war nicht genügend Platz für die vielen Menschen an den Tischen.
Ich aß zuerst stehend. Dann leerte sich aber die Bude schnell, und ich konnte mich setzen. Wasser zum Ausspülen gab es nicht. Aber es lag viel Papier auf den Tischen. Ich suchte nach einem, das sauber genug wäre zum Auswischen. Dabei fiel mir die gesperrte Überschrift auf einem Fetzen auf:
„Die Spartakusgruppe
Berlin, 13. November. Die Spartakusgruppe, die bisher der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei angehörte, beabsichtigt, sich in einer öffentlichen Versammlung am Donnerstagabend in den Sophiensälen als selbständige politische Partei zu konstituieren. Vermutlich v/erden als Redner Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg auftreten."
Als ich vom Essen zurückkam, standen einige vor unserm Viehwagen und unterhielten sich mit einem schlanken Soldaten, der eine rote Binde am linken Arm hatte. Der sagte:
„Die schwarzweißrote Fahne gibt's nicht mehr. Wir haben jetzt die rote Fahne!"
„Weißt du auch, was die rote Fahne bedeutet?" fragte Höhle feindlich. „Das ist die Fahne des Bluts!"
„Nein, das ist die Fahne der Freiheit!" antwortete der Rote empört.
„Freiheit ist Quatsch! Davon haben sie auch bei der Französischen Revolution geschwatzt, und was ist draus geworden? - Und von da kommt auch die Blutfahne!"
„Wir haben keine Blutfahne! Du bist nur ein Reaktionär!"
„Ach was, Reaktionär! Auch eure Armbinde hat die Blutfarbe!"
„Wir wollen kein Blut! Wir wollen die Befreiung vom Kapitalismus!"
„Und deshalb bewacht ihr uns dann mit geladenem Gewehr? Sind wir denn Kapitalisten?"
„Eure Truppe hat schon üble Sachen gemacht, im Ruhrgebiet! - Und wir sind hier Katholiken!"
Höhle schob sein Gesicht dicht vor das des Roten. „Glaubst du denn, dass wir euch protestantisch machen wollen? Uns ist es ganz gleich, woran ihr glaubt! Und wenn ihr 'n Nachttopf anbetet!"
„Aber ihr seid eine Fronttruppe! Vielleicht wollt ihr den Kaiser wieder einsetzen?"
„Wir? - Bei euch spukt's wohl da oben!" Er deutete sich an die Stirn.
Ich stieg in den Wagen. Wenn schon die mit roten Binden solchen Unsinn verzapfen von Katholizismus! Aber es musste doch etwas am Sozialismus sein! Wie konnte sonst jeder davon reden?
Am nächsten Morgen gab es Kaffee in der Baracke. Am Boden und auf den Tischen lagen Papier und Zigarettenstummel.
„Die Herren Zugführer!" rief mit seiner unangenehm scharfen Stimme der Kompanieführer.
Wir stellten uns stramm vor ihm auf, die beiden Offiziere mit der Hand an der Mütze, ich mit den Händen an der Hosennaht.
„Meine Herren! Die Disziplin lässt außerordentlich viel zu wünschen übrig. Ich verlange unnachsichtliche Meldung, wenn einer Ihrer Untergebenen sich eine Zuchtwidrigkeit zuschulden kommen lässt! Sehen Sie sich nur an, in welchem Anzug Ihre Leute zum Kaffee-Empfang gekommen sind! Röcke offen, ohne Halsbinden, mit schief aufgesetzten Mützen! Sehen Sie gefälligst den Anzug durch! Diese Pflichten haben nicht aufgehört, weil ein paar unverantwortliche Leute in Berlin das große Wort führen! - Danke!" Er grüßte kalt, ohne uns anzusehen, und wandte sich ab.
Der Leutnant Hanfstängel lächelte seine Schuhspitzen an, die ungeputzt waren.
Der Major trat zum Kompanieführer und sagte sehr laut: „Bitte rufen Sie zwei Vertrauensleute und den Mayer II -wir sind jetzt verpflichtet, Disziplinarverfahren unter Mitwirkung der Vertrauensleute durchzuführen."
„Herr Major, die Vertrauensleute maßen sich immer mehr Rechte an! Dem dürfen wir nicht noch Vorschub leisten!"
„Es ist Befehl der Division! Rufen Sie die Leute!"
Der Kompanieführer wandte sich mit erregten Augen um. „Herrmann! Höhle! Mayer II!"
Da sagte einer mitten aus den anstehenden Kaffeeholern heraus: „Mich wollt ihr aburteilen? Die Offiziere haben nichts mehr zu sagen." Er hatte die Mütze ohne Kokarde auf ein Ohr gezogen, den Rock offen, das Hemd weit aufgerissen und stand breit da.
„Dieser Mann", sagte der Major zu den Soldatenräten, „hat mir vor acht Tagen den Gehorsam verweigert."
„Und mit Recht!" sagte Mayer laut. „Jetzt ist Revolution!"
Der Major fuhr kühl fort: „Die Situation war folgende: Ich ritt vor dem Bataillon. Mayer II führte eine der Bataillonskühe. Als wir ihn einholten, sagte ich ihm: ,Führen Sie Ihre Kuh nach links hinüber.' Worauf er antwortete: ,Sie haben mir gar nichts zu sagen! Wir haben jetzt Revolution."
Herrmann wandte sich zu Mayer um. „Ist es so gewesen, wie Herr Major gesagt hat? Du kannst frei sprechen."
Mayer sah wütend zu Boden und zögerte.
„Knöpf wenigstens deinen Rock zu", schimpfte Höhle, „wenn du vor Herrn Major stehst!"
„Major gibt's nicht mehr! Die haben uns in den Krieg gehetzt!"
„Du musst doch einsehen", beschwor ihn Herrmann, „dass auch in der sozialistischen Staatsform Ordnung sein muss! -Hast du Herrn Major damals so geantwortet, wie er behauptet?"
„Ja - und der hat mir auch nichts zu sagen!"
„Ich glaube", sagte der Major ruhig, „dass der Fall klarliegt. Und ich frage Sie, ob Sie den Mayer II für schuldig halten der Gehorsamsverweigerung vor versammelter Mannschaft?"
„Ja", sagte Höhle.
„Herr Major", begann Herrmann, „man muss die Zeit berücksichtigen. Es besteht unter den Mannschaften ..."
Der Major unterbrach ihn: „Die Frage steht jetzt nur: ob schuldig oder nicht. Über das Strafmaß sprechen wir dann."
„Schuldig", sagte Herrmann dumpf.
„Gut! Nun zum Strafmaß. Halten Sie drei Tage mittleren Arrest für zuviel?"
„Nicht zuviel!" sagte Höhle. „Nicht zuviel!" echote Herrmann.
„Gut!" sagte der Major. „Soldat Mayer II, ich bestrafe Sie im Einvernehmen mit zwei Vertrauensleuten Ihrer Kompanie mit drei Tagen mittleren Arrest. Der Strafvollzug wird vorläufig ausgesetzt."
Mayer lachte böse auf. „Ich werde das nicht absitzen! Lernt erst einmal die Revolution kennen! Eure Macht ist in ein paar Tagen aus!"
„Halt 's Maul!" schrie Höhle.
„Ihr werdet's sehen!" wandte sich Mayer ab.
Die Kaffeeholer begannen sich plötzlich zu regen und zu flüstern.
„Erstaunlich!" hörte ich den Leutnant Hanfstängel zu einem andern Offizier sagen. „Ich hätte niemals einen Soldatenrat zur Bestrafung herangezogen - und wenn's die Division dreimal befohlen hätte! - Natürlich muss die Division jetzt so was befehlen! Aber es auch ausführen?"
„Der Stabschef der Division soll sogar gesagt haben, dass gegen rote Fahnen nichts einzuwenden wäre."
„Ja, wissen Sie, die bei den höheren Stäben können das ganz anders beurteilen als wir! - In Berlin soll's wild hergehen!"
Ich ließ mir Kaffee in meinen Feldbecher geben und stand an die Barackenwand gelehnt, um ihn abkühlen zu lassen. Neben mir blies der Gefreite Steiner über seinen Kaffee weg.
„Was sagen Sie zu dem Fall Mayer?" fragte ich.
„Der Major hat wenigstens keine Scheuklappen! - Aber wenn ich Soldatenrat gewesen wäre, hätte ich dem Mayer mehr gegeben!"
„Warum?"
„Ich hätte ihn auch gleich hier brummen lassen! Sonst haben wir in wenigen Tagen die schönste Auflösung!"
„Ja, glauben Sie denn, dass man mit Arreststrafen in einer solchen Lage irgend etwas ändert?"
„Und Sie wollen die alte Armee sich auflösen lassen, wie sie will, Herr Feldwebel?" fragte er mit einem raschen Blick auf mich.
„Ich glaube nicht an die Wirksamkeit dieser Strafe in diesem Augenblick. - Aber Sie - ich nahm an, dass Sie Sozialdemokrat wären?"
„Bin ich auch, und seit 1908 organisiert!"
„Und da treten Sie für die Erhaltung des Heeres mit den Offizieren ein?"
„Natürlich! Wir brauchen Ordnung! Sonst kommen nur diese jungen, unverantwortlichen Elemente hoch! - Übrigens bin ich von den gemäßigten Sozialdemokraten."
Das war mir nicht gleich klar. Bisher hatte ich angenommen, Sozi ist Sozi. Aber da fiel mir ein Wort ein, das ich mal gehört hatte. „Ein Kaisersozialist?" fragte ich.
Er wurde unruhig. „Kaisersozialisten gibt's nicht. Aber Sie, Herr Feldwebel, sollen ja auch Sozialist sein?" Er lächelte.
„Ich?" Schon wollte ich sagen, nein. Aber stimmte das? Was sollte ich ihm antworten. „Ich gebe mich nicht mit Politik ab!" sagte ich mit einer ganz unnötigen Schroffheit.
Er sah mich etwas erstaunt an. Ich wandte mich um und ging fort. Was denkt der nun von mir? Er wird sagen: Einer, der nicht weiß, was er will. Ich muss wirklich mal Zeitungen lesen! Oder ob mir einer das erklären könnte?
Ich ging nach dem Zug. Wir standen nun schon zwölf
Stunden auf dem Bahnhof. Zwischen den Wagen unten auf den Schienen lag alles voll Häufchen und Papier, und es stank. Wir hatten doch keine Aborte in den Viehwagen, und wohin sollten wir sonst gehen?
Im Wagen saßen drei auf ihren Tornistern und spielten Skat. Einer untersuchte in der Ecke seinen Rockkragen auf Läuse.
Ich setzte mich in eine andere Ecke und rauchte. Die Zigarette schmeckte mir nicht. Ich stand wieder auf. Vielleicht bekommt man wo eine Zeitung?
Ein Posten mit roter Binde wollte mich nicht aus dem Bahnhof lassen. Halb ärgerte mich das, halb belustigte es mich. „Aber ich möchte doch nur eine Zeitung kaufen! Ich glaube, dass Sie uns nicht verhindern wollen zu erfahren, was hier in der Heimat geschehen ist."
„Im Gegenteil. Aber ich darf Sie nicht hinauslassen. Warten Sie!" Er zog eine Zeitung aus seiner Rocktasche. „Es ist leider nicht unseres, sondern ein bürgerliches Blatt."
Ich setzte mich damit wieder in den Wagen.
„Der Delegiertentag der A.- und S.-Räte. An die Arbeiter­- und Soldatenräte Deutschlands.
Genossen! Kameraden!
Vor zwei Wochen habt ihr der Freiheit eine Gasse geöffnet. Euer Mut, eure revolutionäre Tatkraft haben das alte System, die Militärdiktatur und den mittelalterlichen Monarchismus zertrümmert. Jetzt gilt es, die Mächte der Gegenrevolution niederzuhalten, die nach dem ersten Schrecken aus allen Winkeln herauskriechen ...
In einer Versammlung englischer Kriegsgefangener im großen Saale der Philharmonie sprach der bekannte Theoretiker der Sozialdemokratie Eduard Bernstein für die Völkerversöhnung.
Berliner Theater: Die Judasglocke von Hans Knoblauch ...
Akademische Nachrichten: Der chemische Lehrstuhl an der Berliner Landwirtschaftlichen Hochschule ist an Stelle von Professor ...
In der heute im Opernhaus angesetzten Aufführung von ,Violetta' beginnt Fräulein Violetta Schadow vom Hoftheater in Kassel ein Gastspiel auf Anstellung.
Uhland über Deutsch-Österreich..." Ich las nicht das
Ganze, sondern nur den gesperrt gedruckten Satz: „Österreich muss mit uns sein und bleiben in der neuen politischen Paulskirche.
Historisches von der Grippe ...
Absetzung des Fürsten von Waldeck. Der Fürst lehnte gestern Nachmittag ab, freiwillig zurückzutreten. Er wurde deshalb für abgesetzt erklärt. Sonst ist alles ruhig.
Börsennachrichten ..."
Plötzlich packte mich eine solche Wut, dass ich die Zeitung mitten durchfetzte. Die Skatspieler sahen sich erstaunt nach mir um. Ich stand auf und stieg aus dem Wagen. Auf dem Bahnsteig ging ich auf und ab und ärgerte mich über alles: über den Gestank, über die Rotbindenmänner, selbst über den Befehl zum Aussteigen und Abrücken in die Stadt, obwohl das doch gar keinen Sinn hatte.
Auf dem Platz vor dem Bahnhof wurden die Quartierzettel verteilt. Einer unserer Ochsen lag am Boden und zuckte mit den Beinen. Ihm war auf den langen Märschen Sand zwischen die Hufe gekommen. Nun hatte er Krämpfe und musste geschlachtet werden.
Mein Quartier lag in einer grauen Straße in einem noch graueren Hause. Eine dicke Frau machte mir auf. „Kommen Sie nur herein", sagte sie nicht sehr freundlich. Ich erfuhr dann, dass auch ihr Mann und zwei Söhne seit wenigen Tagen aus dem Felde zurück waren und außer dem einen keine Arbeit hatten. Da passte ich ihr gar nicht als weiterer Familienzuwachs. Sie glaubte auch anfangs, sie müsste mich mit verpflegen. Und es war verflucht knapp, das wenige Brot auf die Marken!
Wir saßen alle in der Küche. Die Männer, alle noch in Uniform und die Söhne mit roten Kokarden und ohne Achselstücke, betrachteten meine Vizefeldwebelabzeichen augenscheinlich mit Misstrauen. Nur zögernd äußerte der Vater einige Brocken. Er war schwer verstimmt aus dem Felde zurückgekommen, war kein Sozialist, aber voll Wut über die „nutzlose Schinderei vier Jahre lang". Dann fragte er mich nach meinem Beruf und nach meiner Heimat. Auch ich wollte nicht sprechen. Etwas lastete auf mir, was mir nicht klar war. Ich wartete auf den Schluss der Zigarette und bat, dass man mir zeigte, wo ich schlafen könnte. Die Frau
richtete mir etwas in einem Abstellraum her. Es roch kalt und muffig. Aber ich war sehr müde.
Am Morgen wachte ich aus einem Dämmerzustand auf, wusste noch, dass ich mich mit irgendwelchen quälenden Gedanken abgemüht hatte. Als ich munterer wurde, fiel mir ein: Was wird heute? Der Himmel war trübe. Es regnete wohl sogar. Alles erschien mir trostlos, öde, nicht wert, dafür zu leben. Aber aufstehen musste man doch.
Ich wusch mich unten in der Küche, das heißt Gesicht und Hals. Die Frau sah recht künstlich weg nach dem Herd, um ja nicht zuviel zu sehen. Sie hatte da auch so einen überschlanken heiligen Franziskus mit einem Mädchengesicht hängen. Glücklicherweise hatte ich anscheinend keine Läuse mehr. Aber gründlich gewaschen hätte ich mich doch einmal gern.
Um Kaffee zu trinken, ging ich auf den Hof, wo unsere Feldküche stand. Der Kompaniefeldwebel schrie auf einige Landser ein: „Herrmann! Kommen Sie mal her! Sie als Vertrauensmann müssen hier eingreifen! Der Hauschild hat sich eine schwarzrotgoldene Kokarde an die Mütze gemacht!"
„Warum denn?" fragte Herrmann.
„Die neuen Reichsfarben", eiferte Hauschild, „sind schwarzrotgold! Aber wir tragen noch immer schwarzweißrot! Das ist Klassenverrat! Die Offiziere wollen uns gegen die Revolution führen!"
„Kamerad, das ist schon richtig. Aber wir dürfen die neue Kokarde erst tragen, wenn der Befehl dazu kommt."
„Und den Befehl dazu sollen die Offiziere geben? Glaubt doch das nicht!"
„Was gibt's denn hier?" fuhr scharf die Stimme des Kompanieführers dazwischen. Alle gingen mit scheuen Mienen auseinander. „Wie können Sie als Kompaniefeldwebel dulden, dass die Mannschaft in Ihrer Gegenwart so diskutiert?"
„Es handelt sich nur um Fragen des Anzugs. - Herr Leutnant, wir müssen daran denken, dass wir zum Einzug in die Garnison bessere Röcke bekommen. In den Kompaniebeständen haben wir nur noch drei."
„Warum haben Sie mich nicht früher darauf aufmerksam gemacht?"
„Auf der Kammer haben wir über hundert neue Röcke.
Aber die wurden in Sedan gelassen, als es plötzlich nach Flandern ging. Wo sich unsere Bekleidung jetzt befindet, weiß auch das Bataillon nicht."
„Aber da muss unbedingt etwas geschehen! Wir können nicht so einmarschieren!" Damit wandte er sich streng um und schritt zum Hof hinaus. Der Feldwebel sah mich an, zuckte leicht mit den Achseln und ging zur Küche, etwas anzuordnen.
Beim Essenempfang gab der Kompanieführer bekannt, dass unser Bataillon das Gefangenenlager bewachen sollte. „Das Landsturmbataillon, das es bisher tat, hat seine Offiziere abgesetzt und nur den Kommandanten, einen General, und seinen Adjutanten belassen. Bei der dabei eingetretenen Verwirrung ist eine Anzahl Franzosen und Belgier ausgerissen. Die sind hungrig und zerlumpt über die belgische Grenze. Und jetzt machen die feindlichen Regierungen der deutschen Vorhaltungen. Das kommt bei der Revolution heraus! - Gehen Sie sofort in Ihr Quartier und machen Sie sich fertig zum Wachtaufzug!"
„Da seht ihr wieder mal, was die Heimattruppe wert ist!" schimpfte Höhle. „Nun müssen wir hier bleiben in der Stadt, statt entlassen zu werden!"
Wir traten an. Die Regimentsmusik war da. Es ging durch einen Vorort. Dann erschienen Stacheldrahtzäune und graue, öde Baracken. Die Musik spielte unsern Regimentsmarsch. Bums - bums - dröhnte es von den Häusern zurück.
Am Stacheldrahttor des Gefangenenlagers standen Landstürmer mit großen Bärten. Immer mehr kamen herzugelaufen. Ob sie uns nicht hineinlassen wollen?
„Achtung!" kommandierte Schubring.
Der feste Tritt knallte auf der Straße.
Die Landstürmer machten Platz,
„Was wollt ihr denn?" schrie einer.
Auf der Treppe eines erhöhten Hauses erschien ein alter General und sah lächelnd herab.
Die Kompanie wurde in zwei Wachen geteilt. Die größere im Innern des Lagers bekam der Leutnant Hanfstängel, ich die kleinere am Tor.
„Jungs!" sagte der General. „Ihr gefallt mir! Aber fangt mir keinen Streit mit meinen Landstürmern an!"
Kaum stand der Posten am Tor, als sich Landstürmer dazustellten und auf ihn einredeten. Ich trat dazu.
„Ihr seid hier unrechtmäßig eingedrungen!" schrie mich gleich einer an.
„Halt deinen Mund!" sagte ein alter Dicker und wandte sich an mich. „Ich muss euch erst mal sagen, was hier los ist, weil eure Offiziere euch belogen haben. Es ist heute üblich, dass vier Mark für die Wache bezahlt werden. Weil man uns das nicht zahlen wollte, haben wir gestreikt. Jetzt ist unsere Forderung bewilligt. Aber gleichzeitig hat man euch herangezogen, um das Geld doch nicht zu bezahlen!"
„Wir fordern, dass ihr wieder abzieht", rief einer von hinten vor.
„Der Feldwebel kann nicht von sich aus abrücken", sagte
der Dicke.
„Aber wenn sie etwas gegen uns unternehmen? Das sind nämlich ganz reaktionäre."
„Das tun wir nicht", sagte ich. „Euer General hat uns auch gesagt, wir sollen mit euch keinen Streit anfangen."
„Gut", sagte der Dicke. „Wir wollen zum General gehen und von ihm fordern, dass die fremden Truppen wieder abrücken."
Ich ging in die Wachtstube zurück.
„Kriegen wir auch die vier Mark für die Wache?" fragte einer.
„Das weiß ich nicht."
„Wir wollen auch das Wachtgeld haben!"
„Wartet mal! Ich gehe zur Hauptwache und spreche mit dem Leutnant."
Ich ging an einem hohen Stacheldrahtzaun entlang nach dem inneren Tor. Dahinter standen Holzschuppen. Vor einem hockten am Boden ein paar schmutzige Serben und kochten etwas in einem angebrochenen Topf, den sie über zwei Ziegel gesetzt hatten. Es stank. Sie hatten Lumpen an. Der Boden neben ihnen war aufgeweichter Lehm mit Schlacken und hineingetretenem Papier, Scherben und Blechstücken. Man schien die Gefangenenbaracken auf einem ehemaligen Schuttabladeplatz errichtet zu haben. Trotz des Sonnenscheins war alles grau. Und rings Stacheldrahtzäune, an denen außen Posten mit Gewehr gingen.
An einer Barackenwand lehnte ein Franzose. Die Schöße seines Rocks hingen in Fetzen. Ob die hier überhaupt eine Gelegenheit hatten, sich zu waschen?
Ich meldete dem Leutnant Hanfstängel.
„Meine Leute sind ganz außer Rand und Band!" Er sah mutlos vor sich auf das Wachtbuch. „Wir wollen zwei Vertrauensleute zum Kompanieführer schicken. Einen möchten wir dabehalten. - In diesem Lager geht ja die letzte Ordnung flöten! Das sind Zustände ...!" Er brach ab. Ich erfuhr nicht, ob er gemeint hatte, dass hier beim Landsturmbataillon Zustände waren, oder - und darüber konnte er einem Untergebenen gegenüber nicht sprechen - dass dieses Gefangenenlager, dieser Menschenkäfig, eine Schande war!
Auf dem Rückweg traf ich den Gefreiten Steinert. „Hier sieht's ja auch hübsch aus!"
„Kennen Sie mehr solche Lager?"
„Ich war ein halbes Jahr bei einem. Dort waren Franzosen. Die hat man nicht so verhungern und verrecken lassen wie sonst wo die Russen. Aber es genügt auch! Der Lagerkommandant hat seine eigenen Offiziere beschissen. Und wie er dann uns und gar die Gefangenen behandelt hat, das können Sie sich ja denken! Die Gefangenen haben als Suppe nur warmes Wasser gekriegt, mit 'm bissel Salz und Kümmel drin - den Kümmel - Sie wissen schon -, damit sie nicht soviel onanieren! - Und der Kommandant war nicht etwa ein armer Hund, wie man denken könnte, sondern ein reicher Textilfabrikant, das sind ja immer die schlimmsten, die Industriebarone! Alle drei Tage haben wir seiner Frau ein großes Lebensmittelpaket packen müssen -ich war doch bei der Küche! - Und immer gelächelt hat er, der schleimige Kerl!"
„Ja, aber wenn er nur seiner Frau etwas geschickt hat -und wenn auch jeden Tag -, das macht sich doch kaum fühlbar bei einem so großen Küchenbetrieb!"
„Das habe ich auch nie begriffen, und heimlich haben wir auch darüber gesprochen! Laut konnten wir nicht, denn da gab's doch Spitzel, um die Gefangenen auszuhorchen. Und mit der Sorte musste man sehr vorsichtig sein! - Was der erste Koch war, der hat immer gemeint, dass der Kommandant das übrige verkauft hat!"
„Hat das nie jemand aufgestochen?" „Ach, der Inspekteur des Gefangenenlagers, das war ein alter, lahmer General, 'n anständiger Mann. Der hat wahrscheinlich gar nicht für möglich gehalten, was der reiche Lagerkommandant für ein gemeiner Kerl war!"
Als ich zur Wachtstube zurückkam, sprach niemand mehr von dem Wachtgeld. Ob die Landstürmer etwas bei dem General erreicht hatten, erfuhren wir nicht. Jedenfalls gingen sie gegen Abend zu zweit und dritt zum Tore hinaus und wahrscheinlich in die Stadt.
Unteroffizier Mehling, unser Soldatenrat, kam weder am Abend noch in der Nacht, um zu berichten, was der Kompanieführer zu der Forderung der Wachtgelder gesagt hätte. Erst am Morgen kam er frisch gewaschen und etwas tänzelnd an. Mir schien da etwas Theater dabei zu sein. Auch die übrigen betrachteten ihn misstrauisch. Er merkte das wohl, stand in der Mitte der Wachtstube und sagte auffallend munter: „Der Kompanieführer hat gesagt, er könnte das Geld nicht zahlen. Das müsste oben entschieden werden." „Ja, hast du denn überhaupt drauf gedrückt?" „Natürlich! Aber was soll ich machen, wenn er sagt, er wäre keine Kassenverwaltung?"
Sie schwiegen, aber waren sichtlich nicht zufrieden. Mehling winkte mir mit den Augen, ich sollte hinauskommen. Hinter dem Wachthäuschen sagte er: „Herr Feldwebel, die Kompanie hat erfahren, dass unliebsame Offiziere abgesetzt werden können. Und sie wollen den Kompanieführer ablehnen, weil er damals in Flandern bei Beschuss hat Ehrenbezeigungen üben lassen. Was machen wir da?" „Sie sind Soldatenrat und nicht ich." „Aber, Herr Feldwebel, sollten Sie das nicht den Offizieren mitteilen?"
Ich sah ihn erstaunt an. „Ich denke, Sie vertreten die Soldaten? Übrigens ist es Unsinn, etwas für den Kompanieführer zu machen. Der hat so wenig Verständnis! Ich gehe nicht zu den Offizieren!"
Er lenkte ab. „Kommen Sie nicht heute Abend in das Cafe am Mühlgrabenweg?"
Ich hörte nicht richtig drauf und sagte, um ihn loszuwerden: „Ja, ich komme."
Meine eigenen Worte hatten mich überrascht. Noch nie hatte ich mir klargemacht, wie wenig mich an die Offiziere band. Nur die Pflicht hatte mich an sie gebunden. Aber Pflicht? Was wäre jetzt meine Pflicht? Nach irgend etwas musste man sich doch richten! Der Mehling hat es leicht. Für ihn als Soldatenrat ist der Wille der Soldaten maßgebend. Aber er ist es gar nicht. Er schwimmt so zwischen den Fronten, eigentlich recht jämmerlich! Aber ich?
Ich lief wütend auf und ab und wollte die unangenehmen Gedanken loswerden. Eine unerträgliche Ruhelosigkeit hatte mich ergriffen. Nur unter Menschen gehen!
Die Ablösung gab wenigstens etwas andere Gedanken und dann der Marsch in die Stadt. Nach dem Essen war ich heiterer, ging nach Hause und schlief etwas.
Als ich aufwachte, war Abenddämmerung. Die graue alte Tapete hatte Blumen, deren Formen mir wie lauter hässliche Nasen vorkamen. Missmutig stand ich auf und suchte nach einer Beschäftigung. In dem Raum stand ein verstaubter Kinderwagen. Darin lagen Bücher. Ich nahm eins: „Siebenlinden". Verse waren es. Ich las ein paar ohne Interesse. Eine Zeitung wäre besser. Ich ging hinunter in die Küche. Die Frau war allein da und wusch Geschirr auf. Eine Zeitung lag auf dem Tisch. Ich nahm sie und las.
„Eine sozialistische Armee? Nachdem der Versuch der leitenden Männer, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit eine Sicherheitstruppe von ein paar tausend Mann zu bilden, auf starkes Misstrauen gestoßen ist, erwägt man jetzt die Bildung einer sozialistischen Armee aus Teilen der heimkehrenden Truppen.
Die Festsetzung des Termins der Nationalversammlung hat nicht alle Wünsche befriedigt.
Eine weitgehende Amnestie.
Die Einrichtungsgegenstände des Großen Hauptquartiers sind durch die Staatsumwälzung der Auflösung verfallen. Sie werden seit einigen Tagen öffentlich durch den Arbeiter- und Soldatenrat versteigert. Viele Sachen waren schon unter der Hand verkauft worden, besonders Wäsche. Der Wert der gestohlenen Sachen wird auf über eine halbe Million Mark geschätzt. Da die öffentlichen Versteigerungen zu Unstimmigkeiten geführt haben, wurden sie eingestellt.
Noch bedeutende Mengen sind übrig geblieben. Sie wurden vom Arbeiter- und Soldatenrat der Stadt zur Verfügung gestellt und sollen an heimkehrende Frontsoldaten, die einen Hausstand gründen wollen, abgegeben werden.
Äußerungen des früheren Kronprinzen.
Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot.
Eiserne Kleiderschränke.
Die Sozialisierungskommission. Es ist beabsichtigt, noch weitere Personen des Wirtschaftslebens zu der Kommission zuzuziehen, damit alle gefährlichen Experimente an unserm bereits außerordentlich geschwächten Wirtschaftskörper vermieden werden."
Ich ging durch die leeren, feuchtkalten Straßen. In einer alten Kirche besah ich mir die Altäre und hohen Gewölbe. Vorn knieten ein paar Frauen. So verbrachte ich die Zeit bis zum Abend.
Das Cafe war ein großer Saal, gestopft voll Menschen an kleinen runden Marmortischen. Die schwatzten im rötlichen Licht und Zigarettendunst. Rechts führte eine steile Treppe zu einer Tür mit Vorhang, der immerfort zurückgeschlagen wurde, um ein Pärchen durchzulassen oder eine dicke, rosenrot geschminkte Kellnerin. An einem Tisch rauchten zwei Landser in abgeschabten Röcken, mit Monokeln im Auge. Das war für die wohl die Revolution, dass sie jetzt auch den Unsinn machten, den sich früher nur die Offiziere erlaubten !
Mehling und die andern Soldatenräte von der Kompanie saßen mit zwei Zivilisten zusammen.
„Guten Abend", sagte der eine und machte mir eine Verbeugung, die vornehm aussehen sollte. „Man freut sich wirklich, wenn man noch ordentliche Soldaten trifft wie Sie und Ihre Kameraden! - Sind Sie gut untergekommen?"
„Ja, sehr gut."
„Ihr Kamerad Höhle wohnt bei mir." In dieser Art sprach er weiter.
Was gefiel eigentlich den Leuten so? Wenn man sich schon in schlechte Luft setzt, dann möchte es doch wenigstens anregend sein! Wieder fasste mich die Ruhelosigkeit. Ich hatte das Gefühl, dieses Geschwätz nicht mehr fünf Minuten aushalten zu können. Der Kellner kam nicht zum Zahlen, eine halbe Stunde, eine ganze Stunde.
Als ich schließlich auf der Straße draußen war, in der nasskalten Dunkelheit, dachte ich: Das nennt man Soldatenräte, die Kerle, mit denen ich da zusammengesessen habe! Und vor diesen spießigen Hohlköpfen fürchtet sich das Bürgertum! Aber wo sind denn überhaupt die Revolutionäre?
Wir sollten wieder auf Wache ziehen. Als ich zum Antreten kam, stand der Leutnant Ssymank schon vor seinem Zuge. Von meinem waren nur vier Mann da und von Hanfstängel gar nur drei!
„Wo sind die übrigen?" fragte ich den Mehling.
„Die haben beschlossen, nicht wieder auf Wache zu ziehen, bis die Wachtgelder gezahlt werden."
„Da soll doch der Teufel dreinfahren!" schimpfte der Leutnant Ssymank.
„Ich werde die Leute schon kriegen, Herr Leutnant", sagte ich, „und rücke so bald als möglich auf Wache nach."
„Glauben Sie wirklich, das zu können?"
„Jawohl", sagte ich bestimmt, denn mein Plan stand fest und war sehr einfach.
„Mit denen ist nichts zu wollen!" sagte Höhle und wandte sich ab.
„Geht ihr Soldatenräte nur zum Kompanieführer und meldet ihm den Vorfall. Aber sorgt dafür, dass unbedingt das Geld gezahlt wird!"
Sie gingen eilig aus dem Hof fort. Ihnen war es sehr lieb, dass ich ihnen die Sache abnahm. Und ich wollte sie auch los sein.
Ich wendete mich an die sieben Mann von den zwei Zügen. „Kennt ihr die Quartiere eurer Züge?"
„Jawohl, Herr Feldwebel", antwortete einer bereitwillig.
„Dann geht mal in alle Quartiere und sagt, sie sollen zum Antreten kommen." Ich sagte das ohne jeden Vorwurf. Sie zerstreuten sich. Ich ging allein auf dem Hof auf und ab und überlegte. Wenn nur nicht der Kompanieführer kommt, bevor ich mit ihnen geredet habe! Wenn der mit seiner Beamtenstimme anfängt zu schimpfen, dann ist nichts mehr zu machen!
Nach einiger Zeit kamen drei mit Gewehr und Helm. Ich ging auf und ab. Immer mehr kamen. Die Ausgesandten meldeten, dass sie einige nicht im Quartier getroffen hätten, alle übrigen wären da.
Ich stellte mich vor die Front. „Ihr seid nicht zum Antreten gekommen. Damit habt ihr eine große Dummheit gemacht! - Es handelt sich doch um das Wachtgeld. Unsere Offiziere haben keine Kasse. Nehmen wir an, unser Kompanieführer will die Sache durchdrücken und geht zu denen, die das Geld haben. Nein, sagen die, die Truppe hat doch gemeutert! Der zahlen wir nichts! Die Drohung, nicht auf Wache zu ziehen, hätte vorläufig genügt. Die Ausführung war aber eine Dummheit! Jetzt haben sie den Vorwand, euch nichts zu zahlen, weil ihr ebenso unzuverlässig wäret wie die Landstürmer. Aber es gibt ein Mittel, ihnen den aus der Hand zu schlagen: wenn wir jetzt noch auf Wache ziehen! Dann sehen die Offiziere, dass ihr Ernst machen könnt! Es ist aber noch keine Meuterei, sondern nur eine Demonstration. - Ich habe schon eure Soldatenräte zum Kompanieführer geschickt, damit sie dort einheizen wegen des Geldes!"
Sie sahen verlegen zu Boden. Ich hatte sie getroffen!
„Also", rief ich, „wir werden jetzt abrücken!" Plötzlich fing ich an zu zittern. Ich war doch sehr aufgeregt. Aber der Vorfall hatte mich aus der niedergedrückten Stimmung herausgerissen. Ich war doch nicht so unfähig.
Am Nachmittag kam der Kompanieführer in die Wachtstube und sagte mir laut, dass es alle hören mussten: „Ich bin damit einverstanden, was Sie der Kompanie gesagt haben. - Die Vertrauensleute haben wir zum Soldatenrat der Armee geschickt. Mehr können wir zur Zeit nicht tun." Erging wieder hinaus.
„Dass der nicht geschimpft hat? Das ist doch ein ganz
feiner Mann!"
Feiner Mann? Das ist dabei herausgekommen? Jetzt wollen sie wohl gar diesen Menschen nicht mehr absetzen, und ich habe ihm noch geholfen?
Ich ging hinaus, um etwas anzuordnen. Als ich zurückkam, schallte aus der Wachtstube lautes Schimpfen. Einen, der gerade herauskam, fragte ich danach.
„Die sind sich in die Haare geraten, und einer schiebt die Schuld auf den andern, der hätte zuerst gesagt, sie wollten streiken."
Als es wieder still geworden war, ging ich hinein. Gleich darauf kam Mehling munter hereinspaziert und rief: „Aber das ist 'ne unfähige Bande, der Soldatenrat der Armee! Die waren so aufgeregt und haben nur immer versprochen, sie wollten alles tun!" Er lachte.
Aber die andern sahen ihn feindlich an. Er merkte das jetzt erst und wurde verlegen. Ich zog ihn hinaus.
„Herr Feldwebel sind jetzt der große Mann in der Kompanie", sagte er ganz verändert, „weil wir nicht so reden können! Und uns Soldatenräte hassen sie!"
„Na, dann stellt man sich eben vor den Zug hin und sagt: ,Der Vorfall von heute hat euer Vertrauen zu mir erschüttert. Ich gebe euch mein Amt zurück. Wählt einen andern!"
Er sah mich erstaunt an.
„Herr Feldwebel könnten so sprechen, aber bei mir würden sie sagen: das ist ja nur Theater!"
Er tat mir leid. Ein flinker Bursche war er, und wenn auch etwas windig, so doch nicht schlecht. „Soll ich denn die Vertrauensfrage für Sie stellen?"
„Ja, dann wird's besser!"
Ich schickte ihn fort und ging in die Wachtstube. „Hört mal, ihr seid mit dem Mehling unzufrieden?"
„Der hätte uns auch verhindern können, dass wir den Unsinn machten! Wozu ist er denn da?"
„Wahrscheinlich habt ihr so auf ihn eingeredet, dass er gar nicht nachdenken konnte? Hat er denn nicht versucht, euch zur Wache zu bringen?"
„Ja, das hat er, aber nicht so wie Herr Feldwebel!"
„Nu ja, er hat mich gebeten, euch zu sagen, er träte zurück, ihr sollt einen neuen wählen."
„Warum ist er denn nicht selbst gekommen?"
„Weil ich nicht wollte, dass ihr ihn beschimpft." - Ich ging hinaus.
Kaum war ich draußen, als drin das Geschrei losging, immer zwei, drei zugleich. Ich musste lange an den Stacheldrahtzäunen entlang Spazierengehen. Als ich endlich zur
Wache zurückkam, sagte Mehling niedergeschlagen: „Ich
bin abgesetzt."
„Und wer ist dafür gewählt?"
„Darüber haben sie sich noch nicht einig werden können."
Wir zogen noch einmal auf Lagerwache. Diesmal sollte der neue Soldatenrat gewählt werden. Das begann am Nachmittag um drei. Ich verzog mich aus der Wachtstube. Der Lärm war diesmal noch größer. Nach zwei Stunden ging ich hinein und ließ die neuen Posten aufziehen. Dann ging die Diskussion weiter. Schließlich um sechs kam der Steinert heraus. „Der Zug bittet, dass Herr Feldwebel hereinkommen."
Drinnen standen sie feierlich.
„Herr Feldwebel, wir haben Mehling wieder gewählt." „Wieder gewählt?" entfuhr es mir.
„Ja, weil Herr Feldwebel für ihn gesprochen haben und weil wir zu Herrn Feldwebel mehr Vertrauen haben als zu einem Soldatenrat. - Und der Zug hat sich hier versammelt, um Herrn Feldwebel wegen des Nichtantretens von neulich um Verzeihung zu bitten."
„Ich danke euch!" rief ich. „Dessen bedurfte es nicht! Ich
kenne euch doch!"
Sie standen immer noch steif da. Und ich wusste nichts
mehr zu sagen.
„Wir haben ein Fass Bier für morgen bestellt. Das wollen wir zusammen trinken - aber nur, wenn Herr Feldwebel dazu kommt!"
Am Tage darauf verkündete der Leutnant Ssymank, er hätte die Kompanie übernommen. Der bisherige Kompanieführer wäre von seiner Behörde angefordert und daher sofort nach der Heimat entlassen worden.
Das war ja durchsichtig genug! Man hatte ihn von seiner Behörde anfordern lassen, bevor er wegen großer Unbeliebtheit von der Truppe abgesetzt würde. Mehling zog mich beiseite.
„Wissen Sie, dass auch der zweite Zug neu gewählt hat?" „Die haben wohl den Gefreiten Mann gewählt?" „Nein, sie wollten keinen Gefreiten. Den Unteroffizier Höhle haben sie wieder gewählt, den sie erst abgesetzt hatten!"
Das Fass Bier wurde in einem Tanzsaal getrunken. Wir hatten unsere Quartierwirte dazu eingeladen. Nach ein paar Reden trat einer auf und sang Couplets, die keinem mehr neu waren. Ein anderer schlug auf dem Klavier herum wie auf zerbrochenen Töpfen. Wir tanzten mit den Nagelstiefeln auf dem Parkett. Dem konnte das freilich nicht mehr viel schaden. Ganze Stücke waren schon herausgetreten.
Der Gefreite Steinert hielt eine Rede auf mich, und ich musste natürlich antworten. Aber es war ein rechter Unsinn, diese Bierreden und das Anprosten!

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